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zurück zur Übersicht – Hundeverordnung und die Folgen




Die Farbe E




Die „Farbe E“ der Erinnerung ist im allgemeinen grau und milchig wenn es um die Kenntnisse der großen menschlichen Verbrechen geht. Obwohl das 20. Jahrhundert zu Recht das Jahrhundert der Schwerverbrechen genannt werden kann, fällt mir im Zusammenhang mit Verbrechen zunächst nur die „Exilierung“ (Vertreibung und Ermordung) der Armenier unter Enver Pascha im Osmanischen Reich zu Beginn des 1. Weltkriegs ein. Franz Werfel hat darüber ausführlich in seinem Roman Die Vierzig Tage des Musa Dagh geschrieben.

Die Gnade der späten Geburt“ und die kärglichen Geschichtsbücher der Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges hielten mir die „Farbe E“ im Trüben, im Undurchsichtigen.
Allein die Anteilnahme am Vietnamkrieg in den 60er Jahren und das nebenher betriebene Studium der Geschichte liess die „Farbe E“ blutrot werden. Die Verbrechen der Amerikaner in Vietnam standen denen der SS und der deutschen Wehrmacht in nichts nach.
Menschen in eine Holzkirche zu treiben, diese zu verschliessen und anzuzünden, gebärende Frauen auf den Todesmärschen weiterzuprügeln, industrieller Massenmord mit Cyclon B, das Killen vietnamesischer Bauern zum Beispiel in My Lay, die Folterkeller der Gestapo und des russischen KGB, die Ermordung der Kulaken im stalinistischen Reich, die Gulags – die „Farbe E“ wurde dunkelrot.

Während der Großen Koalition unter dem Nazi-Richter und Kanzler Kurt-Georg Kiesinger wurde die Bundesrepublik Deutschland zu einer Versorgungsbasis der US-Armee in Vietnam: Granaten und Bomben, insbesondere die Lagerung und der Weitertransport von Napalm und Agent Orange zum Zwecke der massenhaften Verbrennung vietnamesischer und kambodschanischer Menschen und der Vergiftung des Agrarlandes beider Länder wurde mit der Überlassung von logistischen Hilfen seitens der Bundesregierung unterstützt.

Der Sturz der griechischen Regierung und die Verwandlung Griechenlands in ein KZ, gesteuert von der CIA, das Wüten der „Obristen“ in Folterkellern und auf Erschiessungsplätzen - der Zeiger der Skala „Rot“ blieb am Anschlag stehen.

Wenn Georges Moustaki das Lied Ma Liberté sang, und das geschah immer häufiger, löste sich eine Flut der Tränen unter den Zuhörern und ein Aufschrei nach Rache in den Herzen vieler: die Rote Armee Fraktion wurde geboren und hunderttausende Studierende an den Universitäten machten keinen Hehl aus ihrer Sympathie mit deren Akteuren.

Die politischen Ziele einer geisteskranken Führungsclique in US-Amerika wurden mit Waffenlieferungen und Eroberungsfeldzügen, mit der Unterstützung von mordenden Horden in Haiti, Nicaragua, Guatemala, Grenada, in Indonesien, auf den Philippinen durchgesetzt: Der südamerikanische Kontinent verwandelte sich in ein einziges Konzentrationslager für Demokraten. Um diese zu „eliminieren“ folterten die Juntas die ihnen Ausgelieferten nicht nur zu Tode, sie wurden massenhaft erschossen und verscharrt oder man warf sie aus Helikoptern in das offene Meer. Im Libanon wurden Kinder, Frauen, Greise und Männer zu Hunderten von den christlichen Milizen im Auftrag von Sharon ermordet, massakriert: Shaba und Shatila. Tschetschenien – dort morden die Russen noch heute im Auftrag von Putin und lassen Tausende Personen „verschwinden“.

Das Studium der Veterinärmedizin, die Gründung einer Familie mit 4 Kindern, der Aufbau einer tierärztlichen Klinik in Hamburg Rahlstedt liess in den vielen Jahren den Zeiger der Farbskala „Rot“ zurücksinken. Mord und Totschlag trotz Pol Pot oder Contras konnten ihn nicht mehr so recht bewegen. Das bürgerliche Leben nahm mich in Haft.

Die Jahreswende in das Jahr Zweitausend verbrachte ich mit meiner Frau in Jerusalem und schaute auf die erleuchtete Altstadt. Es gab kein Feuerwerk. Das Millenium – ich dachte an die Menschen, die dieses Jahr nicht erleben durften, weil rohe Gewalt und politischer Zynismus ohne Dimensionen ihnen das Lebenslicht gelöscht hatte.

Im Jahr 2000 geschah das mit dem kleinen Jungen Volkan. Er wurde von zwei Hunden getötet, deren Gefährlichkeit im zuständigen Ordnungsamt wohl bekannt war.
Die Verantwortlichen basteln ungestört an ihren Karrieren.

In den Hamburger Zeitungen wurden Ansichten über Hunde veröffentlicht, die nicht nur geschmacklos, sondern auch dumm waren. Die Hauptakteure, deren Meinung man nahezu täglich lesen konnte waren die so genannten Tierschutz- oder Tierrechtsexperten der CDU (Michael Fuchs), der SPD (Dr. Andreas Dressel) und der GAL (Christian Maaß). Und man konnte noch häufiger die Meinung eines Herrn lesen, der als „Oberster Tierschützer Hamburgs“ bezeichnet wurde. Sein Name: Wolfgang Poggendorf. Sie alle betrieben gemeine Hetze gegen das Lebewesen Hund. Die Tiermedizin erklärte, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nichts mit seinen Genen zu tun hat.

Die Verbreitung von Unwahrheiten über das Lebewesen Hund wurde intensiviert und plötzlich kamen Hundebesitzer in meine Praxis, denen man ihre Hunde wegen angeblicher Gefährlichkeit wegnehmen wollte. Die Wände unseres Hauses waren naß von den Tränen Verzweifelter, denen man ihren Hund weggenommen hatte.

Es gab die Harburger Halle mit hunderten „einkassierten“ Hunden. Diese Tiere „verschwanden“ und nur in Einzelfällen konnte ein Besitzer über mühevolle Kleinarbeit in Gerichten seinen Hund wiederbekommen.

Die „Farbe E“ war wieder da, die Nadel auf der Skala „Rot“ näherte sich dem Anschlag.
Die Verantwortlichen der Stadt Hamburg gaben vor, die Bürger schützen zu wollen.
Der Grund, den sie hatten, sich gegen das Lebewesen Hund zu richten, war jedoch allein die Festigung ihrer politischen Macht.
So wurde mit Betrug und Zynismus ein Gesetz durch die Bürgerschaft abgenickt, das die Hunde und Ihre Halter in arge Bedrängnis brachte. Der so genannte Soziale Ordnungsdienst kassiert weiter Hunde ein.

Seit Jahren landeten solche Tiere in einem Tierheim, dessen Leiter Wolfgang Poggendorf heisst. Es müssen hunderte (oder tausende?) Hunde bisher gewesen sein, die „von Amts wegen“ in das Tierheim gebracht wurden. Sie „verschwanden.“

Derjenige, der im Auftrag der verlogenen korrupten politischen Elite Hamburgs die Hunde „aufnahm“, heisst Wolfgang Poggendorf. Er hat einmal einem Journalisten gesagt: „Wetten, dass ich das Hundeproblem in Hamburg in den Griff bekomme..!?“

Herr Wolfgang Poggendorf, wohin haben sie diese Unzahl von Tieren “vermittelt“? Wohin haben Sie diese „verschwunden“?!

Es kam der Tag, an welchem die „Farbe E“ wieder dunkelrot, der Zeiger der Nadel auf der Skala am Anschlag war:

Herr Wolfgang Poggendorf bezeichnete öffentlich einen mir wohl bekannten Hund als mongoloid und nicht resozialisierbar, was absoluter Quatsch war. Man konnte im Fernsehen sehen, wie in seinem Tierheim sich aufbäumende Hunde an zwei Leinen gehalten worden waren; man hatte sie dazu gebracht, sich über einen Kinderwagen herzumachen, was für Mütter und Großväter und Väter sehr beeindruckend war, jedoch allein das Ergebnis eines Zirkustrainings gewesen sein musste..


Was waren das für Methoden, mit denen derartige Hunde der Öffentlichkeit als „saugefährlich“ präsentiert wurden? Wie war es möglich, dass auch Wissenschaftler aus der Uni Kiel diesen Zirkus mitmachten, und wieso verdienten sich Hamburger Tierärztinnen und Tierärzte „schlapp“ an der Durchführung so genannter Wesensteste, die plötzlich „von Amts wegen“ gefordert wurde, obwohl diese Teste totaler Blödsinn waren ?

Und wieso „verschwanden“ weiter Hunde in diesem so genannten Tierschutzverein in Hamburg?

Die Antwort ist einfach und überzeugend: ohne diesen Herrn, der hinter seinen Mauern seine eigenen Gesetze machte und jederzeit die beschlagnahmten Hunde „aufnahm“, hätte die politische Kaste in Hamburg niemals einen derartigen Vernichtungsfeldzug gegen lebende Wesen antreten können. Er wurde von ihr gekrönt und geadelt: „Hamburgs oberster Tierschützer, Träger der Franz-von-Assisi-Medaille“ in ihrem Imperium der Schande.

Es stellt sich die Frage nach dem Mitleid für die eingesperrten Kreaturen, deren Zähne durch Beissen in die Gitterstäbe ihrer Verliese ruiniert wurden. Es stellt sich die Frage: wo waren auf diesem Grundstück Ethik, Moral und Verständnis für das Tierschutzgesetz geblieben und wer sind diejenigen, die dem Tötungsansinnen des Herrn Poggendorf einen vernünftigen Grund beiordneten, so wie es im Tierschutzgesetz gefordert ist ?

Da fummelte sich jemand hinter den Mauern des Grundstücks Süderstraße 399 „seinen eigenen Wesenstest“ zurecht („Ich habe diesen Wesenstest zusammen mit Frau Dr. Feddersen-Petersen entwickelt“), verkaufte ihn der staunenden Öffentlichkeit natürlich preiswerter als die „Hyänen“ aus der Tiermedizin ihn anboten, holte sich, nachdem gewisse Tiere diesen „Wesenstest“ nicht bestanden hatten - was Wunder - von der zuständigen Behörde Tötungsanordnungen und liess sie umbringen.
Mir gegenüber äusserte er sich: „ Die sind fertig“ und „Wesenstest nicht bestanden“.
Diesen Wesenstest nannte er auch „Schlechtwettertest“.

Der kleine Hund, den dieser Mensch öffentlich als „saugefährlich“ verleumdet hatte, der seiner Auffassung nach mongoloid sei und deshalb nicht resozialisierbar, sein Name ist Chico, machte mit einem Schlage klar, dass mangelhafte Bildung, mangelhafte Kenntnisse von der Kreatur Hund überhaupt und Anbiederung an die politische Kaste dafür verantwortlich waren, dass in Hamburg eine Einrichtung, die sich dem Schutze der Tiere verschrieben hatte, zu einem Ort des Schreckens wurde, an welchem sich Unrecht zusammenballte, dessen Dimension für mich nicht fassbar war.

Das Wort „ausmerzen“ gehörte wieder zum politischen Jargon derer, die Hamburgs Bürger vor „solchen Hunden“ schützen wollten. Grausamer Blödsinn rauschte permanent durch den Hamburger Blätterwald.

Die Rechtlosigkeit der Kreatur, die Willkür der Entscheidung über Leben und Tod, machte mich atemlos und sprachlos. Ich schaute in einen Abgrund, den ich wahrzunehmen glaubte, als ich das Buch „Eichmann in Jerusalem“ und andere von Hannah Arendt gelesen hatte. Diesen Abgrund hatte ich in Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ vor Jahren gesehen, einen Abgrund, in welchem ein System herrschte, das die seitens der deutschen Herrlichkeit rechtlos gemachten Kreaturen einer unendlichen Willkür mit der Zielsetzung ihrer physischen Vernichtung preisgab. Die „Farbe E“ der Erinnerung: heute blutrot, der Zeiger am Anschlag.
In Deutschland konnte Unrecht bislang etwa 12 Jahre bestehen. 6 Jahre sind bald ´rum. Was Hamburgs oberste Richter zu dieser Angelegenheit sagen werden, zeigt, was aus unserer politischen Kultur geworden ist und wie es weitergehen wird.

Dirk Schrader, Hamburg



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