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Die Sache mit dem Joghurt

Lebende Keime

Joghurt aktiviert die Abwehr und befriedet den Darm

Von Walter Schmidt


In handelsüblichem Joghurt sind noch immer viele aktive Milchsäurebakterien enthalten, sofern er nicht wärmebehandelt wurde. „Dies müsste dann jedoch auf der Verpackung stehen“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Susann-Catérine Ruprecht vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Die Anzahl der Milchsäurebakterien im fertigen Joghurt betrage direkt nach der Fermentation etwa eine Milliarde pro Gramm, vermindere sich im Laufe der Haltbarkeit aber „auf rund 100 Millionen pro Gramm“.

Magensäure zerstört die üblichen Milchsäurebakterien größtenteils, hingegen enthält probiotischer Joghurt Varianten, „die im Vergleich zu herkömmlichen Joghurtbakterien unempfindlicher gegen Magensäure sind und daher den Darm des Menschen lebend erreichen und sich dort vorübergehend ansiedeln können“, erläutert Ruprecht.


Wer verspeist schon gerne lebende Keime? Offensichtlich viele Menschen. Denn Joghurt-Hersteller werben sogar damit, ihre Produkte enthielten „lebende Kulturen“, etwa der Bakterienart Lactobacillus acidophilus sowie Bifidobacterium bifidum.

Gemeinhin fördert die Vorstellung, aktive Keime zu verspeisen, die Genussfreude der Konsumenten keineswegs. Und auch der Zusatz eines bekannten Bio-Joghurt-Herstellers, die die beiden erwähnten Bakterien bildeten „überwiegend rechtsdrehende L(+)-Milchsäure, lässt wohl kaum jemandem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Warum solche Hinweise?

Ohne Milchsäurebakterien würde es weder Joghurt noch Sauermilchkäse oder Buttermilch geben. „Bei der Herstellung von Sauermilchprodukten wie Kefir, Dickmilch und Joghurt, wandeln Milchsäurebakterien die in der Milch enthaltene Lactose, also den Milchzucker, durch Milchsäuregärung in Milchsäure um“, sagt Susann-Cathérine Ruprecht vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).

Dabei entstehen zwei verschiedene Formen der Milchsäure: die rechtsdrehende L(+)-Milchsäure und die linksdrehende D(-)-Milchsäure. Beide unterscheiden sich in der räumlichen Anordnung einer ihrer Molekülgruppen, fügt die Ernährungswissenschaftlerin hinzu. „Rechtsdrehende Milchsäure kommt unter anderem als Abbauprodukt im menschlichen Stoffwechsel vor und wird im Gegensatz zur links-drehenden Milchsäure schneller abgebaut.“

Doch ernährungsphysiologisch sei es „für den erwachsenen Körper unerheblich, welche Milchsäureform er zu sich nimmt“, befindet Ruprecht.

Durch D(-)-Milchsäure hervorgerufene Erkrankungen seien „bisher unbekannt“. Vorsicht sei jedoch bei Säuglingen geboten. „Da ihr Stoffwechsel noch nicht vollständig ausgereift ist, sollte die Nahrung in den ersten Lebensmonaten keine linksdrehende Milchsäure enthalten.“ Die meisten Hersteller sind dazu übergegangen, nur noch Starterkulturen zu verwenden, die ausschließlich rechtsdrehende Milchsäure produzieren.

Auch wenn der Verweis auf diese eher unappetitlich erscheinen mag: Die Joghurt-Hersteller erwähnen die Milchsäure mit Absicht, da sie die Darmflora fördert: „Sie beschleunigt die Darmpassage des Stuhls und trägt damit dazu bei, Giftstoffe schneller aus dem Darm auszuscheiden“, erklärt Ruprecht die Rolle der Säure. Außerdem verbessert Milchsäure die Eiweißverdaulichkeit und fördert so die Aufnahme von Aminosäuren und Kalzium ins Blut. In Studien wurde nachgewiesen, dass bestimmte Bakterien im Joghurt bei Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa besänftigend wirken. Sie hemmen etwa das Signaleiweiß „IP 10“ in der Darmwand, das dort chronische Entzündungen auslöst (Plos One).

Auch die Abwehr gegen Husten und Schnupfen wird aktiviert. Versuche zeigten, dass sich schon bei 100 Gramm Joghurt täglich die Aktivität der Abwehrzellen verdoppelt.

Bleibt noch die Frage, was sich eigentlich bei den Milchsäuren dreht. Der Drehsinn der Milchsäure beschreibt eine ihrer physikalischen Eigenschaften. Bringt man die Milchsäure im Labor nämlich unter polarisiertes Licht, dann dreht sich der Lichtstrahl – bei der rechtsdrehenden Milchsäure zum Beispiel nach rechts.

Polarisiertes Licht erhält man, wenn man die elektromagnetischen Wellen des Lichts durch einen Polfilter schickt. Ohne diesen schwingen die Lichtwellen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Lichtstrahlen in alle möglichen Richtungen. Ein Polfilter aber lässt nur Lichtwellen hindurch, die in einer einzigen, vom Filter abhängigen Richtung schwingen. Treffen diese nun auf rechts- oder linksdrehende Milchsäure, werden sie nach rechts (plus) beziehungsweise links (minus) abgelenkt.

Der Hinweis „mit L(+)-Milchsäure“ sagt jedoch nichts darüber aus, wie hoch der Anteil an den enthaltenen Milchsäuren ist. Während Joghurt auch größere Mengen linksdrehender Kulturen enthalten kann, weisen Buttermilch, Sauermilch oder Sauerrahm vorrangig rechtsdrehende auf.

Als Faustregel kann gelten: Schmecken Milcherzeugnisse nur milde säuerlich, so enthalten sie meist größere Mengen rechtsdrehender Milchsäure.


Kommentar

Wer den immunologischen und ernährungsphysiologischen Wert des Joghurts verstanden hat, stellt diesen selber her: In Kaufhäusern erhältlich sind Brutkammern mit 6 und mehr Gläsern. In Zoogeschäften erhältlich sind Wärmplatten, um das Trinkwasser für Hühner im Winter nicht gefrieren zu lassen. Darauf stellt man eine Porzellanschale für 1 Liter Milch (am besten H-Milch) und rührt 1 Tüte Joghurt L(+) Ferment mit Lactobacillus acidophilus-Kulturen (Reformhäuser) unter. Abdecken mit einem Teller. Nach 8-10 Stunden (also über Nacht) ist der Joghurt fertig und kann im Kühlschrank weiter aufbewahrt werden. Guten Appetit für Mensch, Hund und Katze, Meerschweinchen und Kaninchen! Es handelt es sich um die preiswerteste unspezifische Schutzimpfung für uns Säugetiere!

Dirk Schrader, Hamburg

Tierärztliches Institut für angewandte Kleintiermedizin
Tierärztliche Gemeinschaft für ambulante und klinische Therapien
Dirk Schrader I dr. Steven-F. Schrader I dr. Ifat Meshulam I Rudolf-Philipp Schrader I dr. Itamar Tsur
-Tierärzte-

www.tieraerzte-hamburg.com

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