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Keine artgerechte Haltung in Delfinarien möglich!

von Hans Gast u. Mariola Heinrich

Das Jahr 2007 wurde von der UNO zum Jahr des Delfins ernannt.


In England wurden bereits alle Delfinarien geschlossen, die Schweiz folgt diesem Trend derzeit. Ebenso erteilte Kroatien im Mai 2007 dem Neubau eines Delfinariums eine Absage. Nur in Deutschland hat man noch nicht begriffen, dass quälerischer Tierhaltung weder tier- noch rechtskonform möglich und daher nicht mehr länger vertretbar ist.

In deutschen Delfinarien (Allwetterzoo Münster, Neiderpark Soltau, Tiergarten Nürnberg, Zoo Duisburg) werden insgesamt 18 Delfine nicht artgerecht gehalten. Es sind zwar in Deutschland fünf der ehemaligen neun Delfinarien geschlossen. Doch es gibt auch eine Planung, in Glowe auf Rügen ein neues Delfinarium. Das „Delphi-Mar“, zu errichten.

Delfinarien bieten niemals eine würdige, geschweige denn artgerechte Haltung


Delfine sind hochintelligente Tiere. Sie legen in Freiheit täglich weite Strecken von bis zu 250 Kilometern zurück und tauchen bis zu einem halben Kilometer tief. Sie senden Klicklaute aus, um sich im Meer zu orientieren. Wenn die Laute auf ein Hindernis treffen, gibt es ein Echo. In einem Betonbecken entwickelt sich die Echolokation zu einer unermesslichen Qual. Ihre eigenen Schallwellen hallen von den Wänden zurück. Es ist auch ein Trugschluss, dass ein Delfin aussieht, als würde er immerfort lächeln. Delfine haben nach oben gebogene Mundwinkel – ob sie nun traurig und erschöpft – oder nicht.

Nach 55 Jahren Delfinforschung ist den Wissenschaftlern klargeworden:
In den winzigen Schwimmbecken mit gechlortem Wasser haben diese Tiere nichts zu suchen.
Mehr als ein Drittel von ihnen stirbt innerhalb der ersten fünf Jahre ihrer Gefangenschaft. Die Todesliste z.B. des Nürnberger Delfinariums erzählt uns das elende Schicksal von 34 Delfinen. Allein im letzten Jahr starben im Nürnberger Delfinarium eine Delfin-Mutter und drei Babys. Doch statt das Delfinarium zu schließen, soll es jetzt noch ausgebaut werden. Für ca. 17 Millionen Euro wollen die Betreiber eine „Delfin-Lagune“ bauen. „Lagune“ bedeutet aber den Zugang zum Meer und nicht zu einer Betonwand eines Delfinariums.

Die Nachzucht der Delfine in Delfinarien ist auf Grund der nicht artgerechten Haltungsbedingungen sehr schwierig. Die meisten Tiere überleben das erste Jahr nicht oder sie sterben bevor sie mit 6 bis 13 Jahren ihre Geschlechtsreife erlangen. Deshalb gibt es zu wenig Nachzuchten, um den Bestand der Delfinarien aufrechterhalten zu können.

Zu verbieten ist daher neben der Haltung, auch die Nachzucht von Delfinen. „ Die Zucht in Delfinarien funktioniert nicht“, weiß Meeresbiologe Dr. Karsten Brensing vom WDCS. „ Die Muttertiere und Babys in Gefangenschaft verlieren ihre natürlichen Instinkte, der Nachwuchs stirbt!“

Da es auf Grund der nicht artgerechten Haltung der Delfine in Gefangenschaft kaum Nachkommen gibt, ist zu befürchten, dass über Umwege Wildfänge eingeführt werden. Zwar ist der Import in der EU für kommerzielle Zwecke verboten, aber leider erteilen Spanien und Italien noch immer Ausnahmegenehmigungen zum Import Großer Tümmler aus freier Wildbahn. Die rechtlichen Schlupflöcher zum Import solcher Wildfänge sind noch sehr groß.

Die internationale Staatengemeinschaft erkannte die fatalen Folgen der Lebendfänge auf die wildlebenden Populationen des Großen Tümmlers, und folglich wurde von der Vertragskonferenz zum Washingtoner Artenschutzabkommen CITES 2002 der Handel mit Delfinen für kommerzielle Zwecke weltweit verboten. Gleichfalls ist der Import des Großen Tümmlers in die EU für kommerzielle Zwecke untersagt (Verordnung Nr. 338/97 des Rates über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels vom 9.Dezember 1996). Zusätzlich verbietet das „Übereinkommen für die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume“ vom 19. September 1979 („Berner Konvention“) grundsätzlich jede Form absichtlichen Fangens und Haltens der streng geschützten Großen Tümmler (Artikel 6, Buchstabe a der Berner Konvention).

Delfine sind keine Therapeuten

Tier- und Naturschützer kämpfen gegen Flippershows und DelfinTherapien in Delfinarien. Es ist längst erwiesen, dass die Zusammenarbeit mit Pferden oder Hunden die Sinne des Menschen umfassend anspricht, der Seele guttut und manche Leiden heilen hilft. Leider setzen Therapeuten seit 25 Jahren auch Delfine ein, um körperlich und geistig geschädigte Kinder zu behandeln – vor allem autistische Kinder mit Down-Syndrom (Mongolismus) oder auch mit einer Bewegungsstörung als Folge frühkindlicher Hirnschädigung.

Frau Maria Kaminski, Präsidentin des Bundesverbandes Autismus Deutschland, spricht sich gegen diese Therapieform aus: „Ich favorisiere andere Therapieformen, deren Wirkung bereits seit langer Zeit wissenschaftlich sehr gut bewiesen ist und die zudem weitaus günstiger angeboten werden. Schon alleine der Kostenfaktor spricht eindeutig gegen die Delfintherapie, die oftmals mehrere Tausend Euro verschlingt und die Eltern behinderter Kinder in Existenznöte bringen kann!“

Therapien von einer halben Stunde kosten durchschnittlich 350 Euro, teilweise aber auch bis zum Doppelten. Durch mehrwöchige Aufenthalte im Ausland kommen da rasch einige Tausend Euro hinzu. Ein Delfin in Gefangenschaft ist vor allem eine Gelddruckmaschine.

Laut ocean care e.V. /Schweiz “widerlegen die Studien aber die Annahme, dass sich die Delfine besonders für kranke Menschen interessieren und sich deshalb vermehrt mit ihnen abgeben.“ (Brensing & Linke, 2004). Vielmehr zeigten Beobachtungen der Delfine während der Therapiesitzungen, dass die Tiere deutlich unter Stress stehen und versuchen, den Menschen auszuweichen (Brensing, Linke et al., 2005). Bei direkten Interaktionen mit den Delfinen kann es zu aggressiven Verhalten der Tiere gegenüber Menschenmit der Folge von Verletzungen kommen. Zudem besteht das Risiko der Übertragung von Krankheiten vom Menschen auf das Tier und umgekehrt, z.B. Pilzerkrankungen, Salmonellen usw. Die Fälle des aggressiven Verhaltens sind bereits offiziell bekannt.

Die Delfintherapie wird bisher nur in den USA, Israel, Australien und in Großbritannien durchgeführt, und zwar in halb offenen Haltungen im Meer.

Wildtiere in der Therapie sind abzulehnen. Aus Tierschutzgründen sollte generell nur mit domestizierten Arten gearbeitet werden!

Das Tierschutzgesetz berührt die Haltung von Delfinen sowohl in §2 wie in § 13 Abs.3, der den Verordnungsgeber ermächtigt, u.a. das Halten von Delfinen zu verbieten oder von einer Genehmigung abhängig zu machen. Jedoch handelt es sich bei § 13 Abs.3 TierSchG um eine Ermächtigungsgrundlage für die noch zu erlassende Rechtsverordnung. Sind Delfinen Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt worden, so muss (wie immer) geprüft werden, ob auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 TierSchG vorliegt oder ob sogar eine Straftat nach § 17 Nr. 1 oder Nr. 2 TierSchG verwirklicht wurde.

Die artgerechte Haltung von Delfinen in Gefangenschaft des Menschen ist ein grundlegender Widerspruch in sich: Davon ausgehend, dass es bei den Delfinen in den deutschen Delfinarien in Zoos und Tierparks überwiegend, ja fast ausschließlich um Wildfänge handelt, ist der Fang für diese Tiere zunächst ein unbeschreiblicher Schock. Der Delfin wird in eine ihm völlig fremde, bedrohliche Situation entführt, in der er außerstande ist, vor seinem Feind zu fliehen. Die Gefangennahme und Haltung von Delfinen (z.B. Großer Tümmler) stört deren Wohlbefinden erheblich. (Das Bundesverfassungsgericht will in einem seiner Kernsätze zu den tierschutzrechtlichen Zielen des TierSchG die Pflege des Wohlbefindens der Tiere ausdrücklich „weiterverstanden“ wissen und bezieht sich dabei auf § 2 TierSchG

Jacques Yves Cousteau, der bekannte Oceanograph, wurde einmal Zeuge einer Selbsttötung eines Delfins in Gefangenschaft. Rick O´Barry (der ehemalige Trainer der fünf „Flipper“-Delfine) nimmt an, dass sich sein Schützling selbst tötete, indem er die Atmung einstellte.

Das vom Gesetzgeber selbst nach § 13 Abs. 3 TierSchG dem Verordnungsgeber anheimgestellte Verbot der Haltung von Delfinen ist daher nicht „unverhältnismäßig“.

Das träfe nur dann zu, wenn die Gefangennahme von Delfinen und deren Haltung das Wohlbefinden der Tiere nicht beeinträchtigen würde. Ist der tierfreundliche Maßstab des BVerfG für eine den Grundbedürfnissen der Delfine entsprechende Tierhaltung wegen ihres Wildtiercharakters nicht erfüllbar, ist allein das Haltungsverbot folgerichtig und gesetzmäßig.

Bei den Nachkommen der Delfin-Wildfänge gilt die Beweisregel, dass sie dieselben endogenen fixierten Bedürfnisse haben wie ihre in Freiheit lebenden Artgenossen.

Die dargestellte Rechtsauffassung erhält durch Einführung des Staatsziels Tierschutz ein zusätzliches nicht entkräftetes Gewicht ( vgl. Kluge, Hg., TierSchG, §2 Rn 72 ff). Die vom BVerfG hervorgehobenen Grundbedürfnisse der jeweiligen Tierarten sind nach § 2 TierSchG uneingeschränkt zu erfüllen!

Als Tiere „wildlebender Art“ gelten in Freiheit lebende Delfine. Die Schutzrichtung der Ermächtigung betrifft aber nicht die wilden, in Freiheit lebenden Delfine, sondern die in Gefangenschaft in Delfinarien unter der Herrschaft des Menschen lebenden Tiere. Es kommt nicht darauf an, ob die von der Verordnung betroffenen Delfine aus der Wildnis gefangen wurden oder ob sie bereits in der Gefangenschaft gezüchtet wurden (wobei letzteres, wie eingangs geschildert, fast nicht vorkommt)

Der Zweck der Ermächtigung zielt nach § 13 Abs. 3 TierSchG darauf, das Halten von Delfinen, den Handel mit solchen Tieren sowie die Einfuhr oder die Ausfuhr aus dem Inland in einen der EU nicht angehörenden Staat zu verbieten. Aus ethischen Gründen ist die Haltung und der längere Transport der Delfine grundsätzlich nicht zu rechtfertigen. Jedenfalls müssen die Leiden der Delfine, die mit einer artwidrigen Haltung und mit ihrer wirtschaftlichen Nutzung einhergehen, vermieden werden. Die durch die Verordnung möglichen Verbote und Beschränkungen des Umgangs mit Delfinen sind daher im Sinne des vorbeugenden Tierschutzes notwendig.

Die Ermächtigungsnorm wird dadurch konkretisiert, dass für das genehmigungspflichtige Verbringen, Handeln und Halten von Delfinen die Zuverlässigkeit und Sachkunde des Antragstellers sowie artgemäße Haltungsbedingungen der Tiere gefordert werden können. Die Anforderungen entsprechen somit materiell den Erlaubnisvoraussetzungen des § 11 TierSchG. Ein Verstoß gegen § 13 Abs. 3 TierSchG ist als vorsätzliche oder fahrlässige Tat nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 b TierSchG ordnungswidrig, wenn jemand einer auf Grund der nach

§ 13 Abs. 3 erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt. Liegt zugleich ein Tatbestand des § 17 TierSchG vor, ist dieser vorrangig.

Weil also gefangene Delfine niemals artgerecht gehalten werden können, muss jeweils sofort die „Notbremse“ gezogen werden, sind die Delfinarien zu schließen und geplante Neubauten bzw. Erweiterungsbauten zu verhindern. Da man die vorhandenen Delfinarien nicht einfach über Nacht schließen kann, muss man die Wildfänge für Delfinarien unterbinden.

Rechtlich sind die Delfinarien auf Grund fehlender Aktivlegitimation nicht zu verhindern. Aber politisch/parlamentarisch besteht die Möglichkeit, etwas für die Delfine und gegen die Delfinarien zu tun:

Wildfänge für Delfinarien unterbinden.
Die heute noch üblichen Ausnahmegenehmigungen in Italien und Spanien zum Import aus der freuen Wildbahn sind zu unterbinden.
Auswilderung der Delphine, die in Deutschland in Delfinarien leben.
Schließung sämtlicher Delfinarien in Deutschland.
Ergänzend muss die EU veranlasst werden, die von ihr im Dezember 2006 wieder gebilligte, bislang verbotene Form der Netzfischerei rückgängig zu machen, da sie den Tod Tausender Mittelmeer-Delfine zur Folge hat.

Kassel/Kirchen 22.8.2007


Die Arbeitsgemeinschaft Tierschutz und Ökologie, DIE LINKE. LV Hamburg, erklärt diese Text zum Arbeitspapier .


Dirk Schrader, Hamburg


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